Es gibt die Redensart, dass jemand „noch eine Leiche im Keller“ habe. Das ist normalerweise im übertragenen Sinn gemeint und bedeutet, es gibt da noch etwas Dunkles, Unausgesprochenes, Unaufgearbeitetes, womöglich Kriminelles im Leben eines Menschen…
In der Ukraine jedoch ist diese Redensart durchaus wörtlich zu nehmen. Da liegen tatsächlich überall Leichen. Zum Beispiel klagt ein Mann auf You Tube, dass er beim Umgraben seines Gartens ständig Menschenknochen finde, und fügt konsterniert hinzu, erst neulich habe er da drüben im Gemüsebeet wieder eine ganze Leiche gefunden. Und so ist das flächendeckend.
Und eigentlich sind das „unsere Leichen“, die da in der Ukraine liegen. Sie stammen nämlich vom Massenmord an den Juden und Ukrainern während des zweiten Weltkriegs. Diese Leichen sind ganz real und repräsentieren das Dunkle, massiv Kriminelle, oftmals noch Unausgesprochene und Unaufgearbeitete in unserem deutschen Leben.
Wir können vielleicht sagen: wir haben ja diese Menschen nicht selbst umgebracht, es waren ja unsere Vorfahren. Aber wir haben doch mindestens die Verantwortung, nicht darüber zu schweigen, sondern es ans Licht zu bringen, darauf hinzuweisen, uns als Nachfahren der Täter zu beugen und um Vergebung zu bitten. Ein Land, voll mit unseren Leichen, wartet darauf.
Dies war beim Marsch des Lebens, letzte Woche in der Ukraine, so klar zu sehen. Eine Gruppe von ca. 200 Deutschen war in Kiew und anschließend in verschiedenen Städten der Ukraine, um um Vergebung zu bitten. Überall wurden von den Ukrainern Veranstaltungen zum Gedenken und zur Versöhnung organisiert, und wir Deutschen wurden mit offenen Armen empfangen. Das war ein solcher Segen, für uns Deutsche, aber auch für das beschwerte Land. Auch im ukrainischen und russischen(!) Medienecho kam das zum Ausdruck, weltweit verbreitete sich die Nachricht von dieser Bitte um Vergebung und Versöhnung.
Für mich ist es auch eine ganz persönliche Sache, denn mein Großvater war 1941 dabei, als die Deutschen mordend durch die Ukraine zogen. Nun stand ich den Familienangehörigen der Ermordeten gegenüber, und sie reichten mir die Hand. Eine große Tür zur Versöhnung und Heilung ist aufgestoßen worden.
Der Marsch des Lebens ist noch nicht zu Ende, nicht für die Ukraine und auch nicht für uns. Es gibt sie noch, die Leichen im Keller, und vielleicht sind jene Leichen, die noch immer im Boden der Ukraine verstreut liegen, die Leichen unserer Familien. (Es lohnt sich, das zu erforschen!) Die beste Nachricht ist aber, dass unsere Leichen (jetzt ist es im übertragenen Sinn gemeint), die wir ans Licht bringen, durch die Gnade und Vergebung Jesu verwandelt werden, und wenn wir vor Gott und Menschen umkehren, verwandelt sich der Fäulnisgeruch in frische Luft der Hoffnung.
Weitere Informationen über den Marsch des Lebens: www.marschdeslebens.org. Es gibt derzeit auch viele Presseberichte im Internet, z.B. bei Euronews.net. Wer russisch kann, wird vorallem bei ukrainischen u. russischen Presseberichten Interessantes finden. Es weiteres persönliches Zeugnis habe ich in meiner heutigen Radiosendung gegeben.