Auf dem Grundstück nebenan weiht die TOS-Gemeinde Tübingen am 11.9. offiziell ein neues Konferenz- und Gemeindezentrum ein. Es handelt sich im Kern um eine riesige alte Lagerhalle, die zum erdbebensicheren Gottesdiensraum mit 776 Plätzen ausgebaut und erheblich verschönert wurde, drumherum entstehen noch ca. 1500 Quadratmeter weitere Räume teils im Ausbau, teils im Neubau, Parkplätze und Grünbereiche.
Mich interessiert anläßlich dieser Einweihung auch die Frage nach der Bedeutung der christlichen Gemeinde im Jahre 2011. Angesichts der heutigen Möglichkeiten zur individuellen Lebensgestaltung für jedermann scheint die christliche Kirche ein Anachronismus zu sein, und sie hat auch damit zu kämpfen. Es ist vermutlich leichter denn je, sich der Gemeinschaft, zu der ja auch immer eine gewisse Verbindlichkeit nötig ist, zu entziehen und stattdessen in einer selbstbestimmten „Welt“ zu leben, in der zwar viele „Freunde“, aber immer weniger Menschen vorkommen.
Der Verlust von Kommunikationsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit, Bindungsfähigkeit wird von Soziologen und Psychologen bereits vielfach beklagt (und war übrigens auch bei Loriot ein zentrales Thema), der Weg führt in eine gefährliche Sackgasse und ist dennoch nicht aufzuhalten – wenn nicht eine neue Motivation den Sog der Vereinzelung wirksam außer Kraft setzt. Dies geschieht durch die persönliche Begegnung mit Gott, bei der ich erlebe: Gott, der Schöpfer der Welt, liebt mich, rettet mich aus Gnade, hat sogar in Jesus sein Leben für mich gegeben – wenn ich dies erlebt habe, werde ich dem Rückzug in eine isolierte „My Space“ widerstehen können. Der christliche Glaube ist persönlich, aber eben nicht individualistisch.
Daher ist das Christliche Gemeindezentrum hier auf dem Grundstück nebenan, gerade in seiner „untraditionellen“, nicht mit dem bloßen Kolorit abendländischer Kultur zu verwechselnden Erscheinung, heute ein Denkzeichen und eine Tür zur Umkehr.