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Warum ich das „Tübinger Modell“ gerade als Christ gut finde

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Tübingen ist während der Corona-Pandemie NOCH interessanter geworden, als es sowieso schon ist: wegen des „Tübinger Modells“, jener in Tübingen entschlossen erarbeiteten Aktion, nach der es mehr Öffnung von Läden und Kultureinrichtungen bei gleichzeitiger Testpflicht für Besucher geben kann. Das wurde zunächst hoch gelobt, und Tübingen wurde als vorbildlich und wegweisend hingestellt („Lernen von Tübingen“ titelte z.B. eine überregionale Zeitung). Dann aber, als die dritte Corona-Welle kam, schwenkte die Stimmung eher um, plötzlich erschien das Tübinger Modell vielen eher gefährlich und vielleicht profilierungssüchtig. OB Boris Palmer sagte dazu bei einem „Weltethos“-Stadtgespräch: „das kennen wir in Tübingen gut schon von Hegel, erst die These, dann die Antithese…“
Ich persönlich stimme – gerade als Christ – der Tübinger Pandemie-Beauftragten Lisa Federle zu, wenn sie sagt: „Das Tübinger Modell ist auch dann nicht gescheitert, wenn es aufgrund zu hoher Inzidenzen abgebrochen werden müsste“. Das hat etwas damit zu tun, was der FDP-Politiker Christopher Gohl beim o.g. Gespräch so ausdrückte: „wir in Tübingen versuchen den Menschen zu ermöglichen, selbst Verantwortung zu übernehmen“. Dass das leider mit dem Tübinger Tagesticket nicht an allen Stellen geklappt hat (weil offenbar teilweise missbräuchlich damit umgegangen wurde), bedeutet nicht, dass das grundsätzlich falsch ist. Das Tübinger Modell mit seiner Möglichkeit für Einzelhandel und Kultureinrichtungen, ihre Pforten unter bestimmten Bedingungen wieder zu öffnen, wieder aktiv werden zu können, sowie mit dem Aufruf an die Bevölkerung, die Möglichkeiten zu nutzen (soeben ruft ja Boris Palmer zum Bummeln auf!) und gleichzeitig auch durch mehr Tests dazu beizutragen, Erkrankungen früher zu erkennen – das ermöglicht mehr Mithilfe, Mitdenken, Verantwortung als bloß das „kategorische Zuhausebleiben“ und „Nichtstun“, das von der Bundesregierung als neues Heldentum beworben wurde und vielleicht auch in bestimmten Situationen unumgänglich wird. – Das „Tübinger Modell“ ist ja kein querdenkende Negation der evidenzbasierter

Regeln, sondern ein Versuch, geregelte Möglichkeiten zu mehr Handlungsmöglichkeiten und eben zu gemeinsamer Verantwortung zu schaffen. Das finde ich aller Ehre wert. Ich denke da auch an Gott, der uns als Menschen die Möglichkeit gegeben hat, aus dem völligen „Lockdown der Sünde und des Todes“ hinaustreten zu dürfen und – durch seine Gnade – mit und für ihn leben und Verantwortung übernehmen zu dürfen, auch wenn dabei keineswegs alles klappt. Deshalb sehe ich auch die Demokratie und die freie Gesellschaft allgemein ganz wesentlich als einen Widerschein, als eine innerweltliche Resonanz auf die „beste Nachricht“ von Jesus Christus.

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